Inschallah – Marokkos Zauberformel für Leichtigkeit und Lebensfreude
Vielleicht klingt es in einer von negativen Vorurteilen gegenüber dem Islam geprägten Welt provokativ, für den Islam eine Lanze zu brechen. Ich fühle mich aber berufen dies zu tun, denn der gemäßigte, tolerante Islam wie ich ihn in Marokko erfahre, hält durchaus ganz aktuelle Botschaften für die Welt von heute bereit. Ich beziehe mich hier nicht auf die Fundamantalisten, Islamisten und Salafisten, die den Islam missbrauchen und seines ursprünglichen Sinnes berauben, sondern auf den Koran selbst und die auf ihm basierende Lebensweise, wie ich sie in Marokko kennen- und zu verstehen lerne. Je mehr ich den Islam kennelerne, umso mehr wächst meine Anerkennung und mein Respekt vor dieser Hochreligion und ihren Vetretern. Ein wichtiges Element der Reisen, die ich in Marokko veranstalte ist die Begegnung mit dem Islam bzw. mit Muslims, vor allem Sufis.
Ich habe in der Zeitschrift Prisma einen aktuellen Beitrag zu dem Thema geschrieben, den ich hier als Bilddatei und PDF zum Ausdrucken zur Verfügung stelle. Den Text selbst stelle ich auch nochmal auf den Blog.
Webseite von Marokko Hautnah.
Und sag ja nicht im Hinblick auf etwas, was du vorhast:
„Ich werde dies morgen tun“, ohne hinzuzufügen: Inschallah
(so Gott will)! Und erinnere dich an deinen Gott,
wenn du es vergessen hast, und sag: ‚Vielleicht wird mich
mein Herr zu etwas leiten, was eher richtig ist als das,
was ich mir eingebildet habe!
Zitat aus dem Koran, Sure 18, Vers 23-24
Was ist es, was Marokko zur Zeit für Europäer so anziehend macht? Was fasziniert Marokkoreisende an diesem Land? Es ist vielleicht ein Grundgefühl der Leichtigkeit, auf den Punkt gebracht in der Formel „Inschallah“, d.h. “Ohne die Hilfe Gottes vermag der Mensch nichts”. Mindestens tausend Mal am Tag sagt der Marokkaner „Inschallah“. Wenn man z.B. einen Termin vereinbart und sagt: “Wir treffen uns morgen um 15 Uhr”, so erhält man mit Sicherheit die Antwort: “Ja, um 15 Uhr – Inschallah”. Was der Neuankömmling anfangs als Unverbindlichkeit missinterpretiert, erfährt er bei näherer Betrachtung bald als Weisheit und Realitätsnähe, denn letztlich haben wir nicht alles in der Hand, und wir müssen es auch nicht. Wenn man sich dessen bewusst ist, kommt man von selbst in die Leichtigkeit und den Fluss des Lebens. Im Fluss des Lebens Vermutlich sind die Marokkaner damit der Realität näher als wir Europäer, die wir uns von einer Machbarkeitsideologie versklaven lassen, die zwangsläufig in den Burnout führt. Inschallah bedeutet nicht Apathie und Tatenlosigkeit, sondern: Ich tue das Meine und bin mir dabei bewusst, dass Allah bzw. eine höhere Macht die Dinge zu meinem Besten führt, auch wenn ich es manchmal nicht verstehe und wenn meine Konzepte über den Haufen geworfen werden. Das entstresst – vorausgesetzt, man lässt sich darauf ein. Inschallah ist ein großes Geschenk des Islam an unsere westliche Kultur und zugleich eine Brücke im interreligiösen Dialog, der von Feindbildern und Missverständnissen über Salafisten, IS und Taliban überschattet und verzerrt wird. Die Marokkaner wissen das und sagen häufig mit einem freundlichen Lächeln: “Ihr Europäer habt die Uhren – wir haben die Zeit.” Inschallah ist die Zauberformel für ein Lebensgefühl von Leichtigkeit und Im- Fluss-des-Lebens-Sein, das uns in unserer westlichen Gesellschaft verlorengegangen ist.
Es liegt mir fern, den Islam zu idealisieren. Mit jedem Aufenthalt in Marokko, das seit jeher eine Brückenfunktion zwischen Afrika, islamischer Kultur und Europa hat, wächst jedoch meine Hochachtung vor der Weisheit und Lebensnähe dieser Religion. Neben Inschallah vermittelt der Islam vor allem das Gefühl des Eingebundenseins in eine kosmische Ordnung, in der alles seinen Platz hat. In den Moscheen und Palästen ist diese göttliche Ordnung in Form von ornamentalischen Sternhimmeln an den Decken omnipräsent. Denn es waren die Wüstenbewohner, die als erste die Ordnung der Sterne am Himmel erkannten und sie dazu benutzten, mit ihren Karawanen den Weg durch die Wüste zu finden. Die Nächte, die ich mit meinen Freunden in der Wüste verbringe, verändern erfahrungsgemäß deren Leben zum Positiven. Diese Einbindung in eine größere Ordnung erleichtert das Leben und setzt einen wohltuenden Kontrapunkt zu unserer westlichen, chaotischen neuen Unübersichtlichkeit, in der wir beständig von den Medien, der Politik und unserem Bildungsund Wertesystem in künstliche Ordnungen hineingepresst werden, die uns nicht entsprechen und darum krank machen. Sie gaukeln uns zwar Freiheit und Sicherheit vor, sind aber letztendlich nichts weiter als ein goldener Käfig, der uns aller Freiheit und Leichtigkeit beraubt und die Flügel unserer Seele stutzt. Antwort auf tiefe Sehnsüchte Hinter dem aktuellen Marokko-Hype steht also tief unbewusst die Suche nach Unmittelbarkeit, Schönheit, Leichtigkeit und dem Lebensfluss, der uns in unserer westlichen Welt abhandengekommen ist. Die Brüche zwischen spiritueller Tradition und Moderne, wie sie inzwischen z.B. in Indien offensichtlich werden, sind in Marokko kaum zu spüren. Fünfmal am Tag ruft der Muezzin zum Gebet, und ein Großteil der Marokkaner lässt alles stehen und liegen, um sich mit Allah zu verbinden. Wer mit offenen Augen und offenem Herzen reist, wird reich beschenkt und positiv verändert nach Hause zurückkehren.
Ich bereise Marokko schon seit Jahren und kenne das Land quasi als Insider. Ich organisiere Kleingruppen- und Privatreisen von meinem traditionellen Riad in Marrakesch aus bis hinunter in dieSahara, fern von allem touristischen Trubel. Im Vordergrund steht die einfühlsam begleitete Selbsterfahrung im Spiegel einer zunächst fremden Kultur. Intensive Begegnungen mit wundervollen, gastfreundlichen Menschen, Kunst, Märchen, Musik, Religion, Spiritualität, Kraftorten und Traumlandschaften vom Hohen Atlas über die Oasen bis hinein in die Wüste sind wichtige Elemente einer Mystagogik, die zugleich eine Reise zur eigenen universellen Quelle der Lebensfreude und Leichtigkeit wird. Ein paar Tage der Ruhe und Erholung in Essaouira am Atlantik am Ende der Reise schaffen einen Raum für Reflexion und bilden eine Brücke zum Alltag in der Heimat, in die es dann mit dem Flugzeug in nur dreieinhalb Stunden ab Marrakesch zurückgeht.